Möge ich ein Schützer sein für alle, die Schutz benötigen,

ein Führer für alle, die auf dem Weg sind,

ein Boot, ein Floß, eine Brücke für alle, welche die Wasser überqueren wollen.

Möge ich eine Lampe in der Dunkelheit sein,

ein Ruheplatz für die Geschwächten,

heilsame Arznei für jene, die ihrer bedürfen.

Möge ich Füllhorn sein und Wunderbaum.

Möge ich der grenzenlosen Vielfalt

aller lebenden Wesen

Unterhalt und Befreiung bringen,

unerschütterlich wie Himmel und Erde,

bis alle Wesen frei sind von Leid und Erleuchtung gefunden haben.

Shantideva war nach buddhistischer Überlieferung ein Königssohn aus Südindien, der in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts lebte und Mönch im Großkloster Nalanda wurde.

Sie fragen sich warum dieser Text, eine Art Absichtserklärung, hier steht? Als ich 2020 im ÖHD Leichlingen den Kurs als ehrenamtliche Sterbebegleiterin begann, bekam der Text, der mich schon seit langer Zeit begleitet, eine tiefere Bedeutung. So machen sich „Sterbende auf einen Weg“, manchmal ist dieser Weg abrupt zu beschreiten, eine schnell verlaufende tödliche Erkrankung, ein schwerer Unfall, mitunter bleibt auch Zeit sich von allem, was dieses Leben ausmachte, zu verabschieden.Wir können kein Leid mindern, aber wir können mittragen, wir können keine Erleuchtung bringen, aber versuchen ein Licht in eine dunkle Zeit zu bringen. Wir können versuchen mit unserer Zuwendung, Liebe und unserem Mitgefühl Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten, indem wir eine Weile „mit im Boot“ sitzen, „Licht bringen“, „Brückenbauer“ sind.

Wir alle kommen am Ende „an“, dessen bin ich mir sicher.