Die Seele ist wie ein Wind

Die Seele ist wie ein Wind

der über die Kräuter weht,
und wie ein Tau,
der auf die Gräser träufelt,
und wie Regenluft,
die wachsen macht.
Genauso ströme der Mensch
sein Wohlwollen
aus auf alle,
die da Sehnsucht tragen.
Ein Wind sei er,
indem er den Elenden hilft,
ein Tau, indem er die Verlassenen tröstet,
und Regenluft,
indem er die Ermatteten aufrichtet
und sie mit der Lehre erfüllt wie Hungernde,
indem er ihnen seine Seele gibt.

Hildegard von Bingen

Neu beginnen

Neu beginnen

© Bild Sylvia Hruzik

Neu beginnen …

Wo die reinen Quellen rinnen,
ist das ew’ge Neubeginnen!

Unsre Tage sind verloren,
wenn wir nicht wie neugeboren
alte Vorurteile lassen,
höhere Entschlüsse fassen,
neuen Weg zu Menschen finden,
enger uns mit Gott verbinden,
andre zu der Quelle führen,
bis auch sie den Aufschwung spüren
und das Wasser weiterreichen …
Solches Glück ist ohnegleichen,
eint den Himmel mit der Erde,
mit dem Schöpferwort ”Es werde!”

Wo die reinen Quellen rinnen,
ist das ew’ge Neubeginnen!

Ephides
Liebe statt Hass – Freude statt Kummer

Liebe statt Hass – Freude statt Kummer

Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Liebe entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Hl. Franz von Assisi

In der Trauer lebt die Liebe weiter

In der Trauer lebt die Liebe weiter

Der Mensch, auf sich selbst zurückgeworfen, zentriert sich um seine Mitte. Nach dem ersten Aufschrei, nach dem Weinen und Schluchzen wird es in ihm allmählich ruhiger. Noch kann er kaum fassen, was geschehen ist, aber die Stille hat Geduld. Sie drängt nicht. Der Mensch kann sich behutsam an das Unfassbare heranwagen, kann seine Fühler ausstrecken oder zurückziehen, wie er es gerade schafft. „Es tut so weh“, klagt er in seiner Trauer. „Gib mir deinen Schmerz“, antwortet die Stille, „ich sauge ihn auf“.

aus „In der Trauer lebt die Liebe weiter“,  Elisabeth Lukas

Wenn wir also gut zu sterben wünschen, müssen wir lernen gut zu leben.

Wenn wir also gut zu sterben wünschen, müssen wir lernen gut zu leben.

Als Buddhist sehe ich im Tod einen normalen Prozess.Ich akzeptiere ihn als Realität, der ich solange ausgesetzt bin, wie ich mich in weltlicher Existenz befinde. Da ich weiß, dass ich mich dem Tod nicht entziehen kann, sehe ich keinen Sinn darin, mich vor ihm zu fürchten. Ich sehe den Tod eher so, wie wenn man Kleider wechselt, wenn sie alt und abgetragen sind, und nicht als letztes Ende. Doch der Tod ist nicht vorherzusehen: Wir wissen weder wann, noch wie er uns ereilen wird. Daher ist es klug, sich auf ihn vorzubereiten, bevor es so weit ist.

Natürlich wünschen sich die meisten von uns einen friedlichen Tod; es ist auch klar, dass wir nicht auf einen friedlichen Tod hoffen können, wenn unser Leben voller Gewalt ist oder unser Geist die meiste Zeit von Emotionen wie Zorn, Anhaften oder Furcht besessen ist. Wenn wir also gut zu sterben wünschen, müssen wir lernen gut zu leben. Wenn wir auf einen friedvollen Tod hoffen, dann müssen wir unseren Geist und in unserer Lebensführung den Frieden kultivieren.

Vorwort S.H. des XIV Dalai Lama zu „Das tibetische Buch vom Leben und Sterben“ von Sogyal Rinpoche

Liebe sein

Liebe sein

Mein Gott, ich wünschte mir, ich könnte Liebe sein,

mich überlassen diesem Strömen, das nie endet.

Ich gliche dann dem milden goldnen Sternenschein,

der seiner Zärtlichkeit bedingungslos verschwendet.

 

Mein Gott, ich wünschte mir, ich könnte Liebe sein,

und würde sanft an jedes Lebewesen denken.

Ich ließe ab vom Kämpfen, davon, hart zu sein,

und würde allem, was mich sticht, Vergebung schenken.

 

Mein Gott, ich wünschte mir, ich könnte Liebe sein,

ich könnte sein, was ich längst bin, am Seelengrunde.

Im Mysterium der Liebe bin ich endlich Dein,

der Erde zugewandt mit ihrer Herzenswunde.

 

Aus „Dorn der Liebe“ von Giannina Wedde.